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Mathe-LKs am Scheitelpunkt

  

Hüttentour

Während andere Kurse den scheinbar einfacheren Weg einschlugen und sich mit Flachlandwandern oder „Städtetourismus" begnügten, ging es für uns hoch hinaus. Ein Pionierprojekt, das es so noch nie gab. Eine Kursfahrt als Hüttenwanderung. Fünf Tage Leben am Limit. Die Lust bei manchen hielt sich im Vorhinein stark in Grenzen und so konnten bis zuletzt nicht alle Restzweifel ausgeräumt werden. Eine Wahl hatten wir aber nie so wirklich und so ging es am Sonntag um 22:30 Uhr per Zug Richtung Oberstdorf. Wer da noch dachte, Ruhe wäre nötig für eine solche Tour, hat sich geirrt.

Mit maximal 1,5 Stunden Schlaf kamen wir am nächsten Morgen am Bahnhof in Oberstdorf an und bei dem ein oder anderen löste das Willkommenheißen der Bergschule gehörigen Respekt aus, als wir vom Schnee im Gebirge hörten und im gleichen Atemzug mit Schneeketten ausgestattet wurden. Doch am ersten Tag war davon wenig zu spüren und so regnete es eher, als dass es schneite. Uns war zu dem Zeitpunkt aber nicht klar, dass der Aufstieg zur Schwarzwasserhütte eher eine Art Einführungsrunde darstellte, denn was am nächsten Tag folgen sollte, war nicht aus der Kategorie alpiner Erholungsurlaub.

Unsere Bergführer Thomas und Andrea, ohne die wir wahrscheinlich nicht einmal an der zweiten Hütte angekommen wären, bereiteten uns schon darauf vor, dass der kommende Tag der intensivste werden würde und da sie, wie sich im Laufe der Woche herausstellte, immer recht behalten mussten, trat dieser Fall auch ein. Spätestens auf 2000 Metern wurde dann auch den Unverbesserlichsten klar, dass die ausgehändigten Spikes wirklich von Vorteil sind. Doch der langwierige Aufstieg hat sich spätestens dann gelohnt, als sich uns ein an das Himalaya erinnernde Panorama bot, während wir auf einem teilweise selbstgetretenen Weg am Hang Richtung Mindelheimer Hütte unterwegs waren. Halb rutschend, halb laufend bewältigten wir auch das letzte steile Teilstück und waren froh, in der Hütte angekommen zu sein.

Per kam jedoch nachts auf die glorreiche Idee, zwei Fenster offen zu lassen, sodass es kontinuierlich hineinschneite und die Temperatur des Raumes sich langsam der Außentemperatur anglich. Am nächsten Morgen machten wir uns dann um 8 Uhr an den Abstieg und ließen den Neuschnee hinter uns, um einige Stunden später den im Vergleich zum Vortag kürzeren Aufstieg zur Rappenseehütte anzugehen.

Anish, zeitweise von Herrn Heinrich begleitet, mussten wir an dieser Stelle leider verabschieden, nachdem ihr Knie nicht so mitmachte, wie es eigentlich sollte. Ohne die beiden gingen wir also bei konstantem Regen und mit durchweichten Klamotten los, wobei die von uns geforderte Anzahl der Pausen bedauerlicherweise nicht der Auffassung von Thomas und Andrea entsprach, sodass wir uns, um eine häufig genutzte Bezeichnung der Lehrpersonen zu verwenden, „nölend" den Berg hinaufkämpften. Nach einiger Zeit war jedoch auch das bewältigt und beinahe vollzählig verbrachten wir den Nachmittag auf der Hütte. Ein paar Stunden und einige Kaiserschmarren später kam dann auch Herr Heinrich, vorsichtig formuliert, völlig ausgelaugt auf der Hütte an, der auf Nachfrage von Frau Reinhart und Herrn Stratmann während des stundenlangen Individualwanderns viel über sein Leben nachgedacht habe.

Auch auf dieser Hütte mussten wir erneut als ganzer Kurs mit einem Matratzenlager vorliebnehmen. Doch mit vielen Wolldecken und diesmal geschlossenen Fenstern konnten wir auch diese Nacht überstehen.

Am nächsten Vormittag stand dann Programm in und um die Hütte an. Nachdem der Auf- und besonders Abstieg zur nahegelegenen Großen Steinscharte in einem Massenrutschen endete, entschieden sich fünf Macher (Per, Kleris, Tobi, Ole, Anas) und Herr Heinrich, bei Temperaturen um den Gefrierpunkt in den 4 Grad kalten Rappensee zu springen. Frierend, aber glücklich schafften sie sogar den zehnminütigen Weg zurück zur Hütte, wo es zwar gefühlt nicht viel wärmer aber zumindest trocken war.

Am Nachmittag sollte dann noch ein alpiner Wettkampf bestehend aus drei Kategorien (Fragen beantworten, Schneemann-Wettbewerb und „Zipfelbob" fahren) folgen, der von der überragenden Gruppe drei dominiert wurde, die in allen Disziplinen den ersten Platz belegte. Nach einem angenehmen letzten Abend stand am nächsten Morgen der finale Weg zurück ins Tal an und wurde von grauem Himmel und Schneeregen begleitet. Dann war es Zeit von Thomas und Andrea Abschied zu nehmen, die uns die Woche über immer bestärkt und geleitet hatten und einen ganz großen Teil zu dieser legendären Kursfahrt beigetragen haben - in vielerlei Hinsicht waren sie unsere Lebensversicherung.

Doch auch wenn es an der Stelle mit den Wandererfahrungen zu Ende ging, war die Zugfahrt ebenfalls ein Abenteuer. Nachdem bis Köln alles unbedenklich verlief, gab die Deutsche Bahn bekannt, dass der Zug nun an dieser Stelle enden würde, sodass wir um 0 Uhr in der Nacht von Freitag auf Samstag eine Zwangspause am Kölner Hauptbahnhof einlegen mussten. Über Dortmund sollte es jedoch relativ schnell und unkompliziert nach Münster zurückgehen, doch während wir im nächsten Zug waren, wurde klar, dass die Umstiegszeit in Dortmund genau 0 Minuten betragen würde, sodass wir um kurz vor eins mit Rucksäcken bepackt quer durch den Hauptbahnhof rannten und aufgrund unserer sportlichen Fähigkeiten den Zug gerade noch bekamen.

So endete also eine wirklich unvergessliche Woche, von der wohl niemand im Vorhinein gedacht hätte, dass sie die meisten so begeistern würde.

Ole Freundlieb

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