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"Wo's Not tut, lässt sich alles wagen"

  

Drei Deutschkurse erleben "Wilhelm Tell" im Theater Münster

Was kann ein Einzelner ausrichten und wie stark ist eine Gemeinschaft? Wann ist der Zeitpunkt gekommen um aufzustehen? Wilhelm Tell, der Schweizer Held, auf der Bühne angekündigt mit Winnetou-Musik, muss von seinen Landsleuten erst zum Handeln angetrieben werden. Erst nachdem ihn der Landvogt Gessler gezwungen hat, seinem Sohn einen Apfel vom Kopf zu schießen, greift er zur Armbrust.

Schillers erfolgreichstes Stück, das in Münster nach 1945 niemals gespielt wurde, ist in Zeiten, in denen freiheitliche Rechte wieder bedroht sind, von neuer Brisanz. Ideologisch missbrauchtes Heldendrama? Naives politisches Märchen über eine geglückte Revolution? Oder die Darstellung einer Idylle mit Rissen, eines nicht besonders siegesbewussten Helden, der strickt und seine Frau Holz hacken lässt ("Die Axt im Hause ersetzt die Zimmerfrau") und die Waffe nach der heldenhaften Tat nie wieder anfasst? Der Grundkurs von Frau Ait-Mekurta und die zwei Leistungskurse von Herrn Kirst und Frau Dr. Follak verbrachten einen sehr gedankenanregenden und begeisternden Theaterabend im Großen Haus. In der Theaterpause wurde ein von Ulrike Guérot und Robert Menasse verfasstes Manifest verkündet und symbolisch und gleichzeitig an 150 europäischen Kulturinstitutionen die „Europäische Republik“ ausgerufen. Frank Behnkes Inszenierung hat uns gut gefallen, weil sie den Tell-Stoff vor falscher Vereinnahmung von rechts und links bewahrt und trotzdem die großen Themen Freiheit und Gemeinschaft mit Ironie und Komplexität darstellt. Das ist so begeisternd, dass der nächste Besuch eines anderen Stückes schon bei der Nachbesprechung wieder geplant wird.

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